Die „Zuckerkrankheit“ hat eine enorme Bedeutung in den Industrieländern, sie ist dagegen fast unbekannt in Entwicklungsländern. Besorgniserregend ist die stetige Zunahme des Typ II-Diabetes, besonders unter dem Aspekt, dass dieser in nahezu allen Fällen vermeidbar ist.

Mit diesem Artikel wollen wir einen Überblick über diese Krankheit geben, wie immer haben wir auch diesen Artikel so verfasst, dass Nichtmediziner ihn verstehen können.

Häufigkeit

Typ I-Diabetes (Insulinabhängiger Diabetes): 5-10% der Diabetiker sind Typ I-Diabetiker. 0,5% der Bundesbürger sind betroffen.

Typ II-Diabetes (Nicht-Insulinabhängiger Diabetes): 90-95% der Diabetiker. 200 Millionen Menschen weltweit sind betroffen, 5-7% der Bundesbürger, die Tendenz ist deutlich weiter steigend. Die Häufigkeit steigt mit dem Grad der Zivilisation und der Überernährung.

Die Insulinwirkung beim Gesunden

Insulin ist ein Hormon, das Zellen veranlasst, Zucker aus dem Blut aufzunehmen.

Nach einer Nahrungsaufnahme steigt der Zuckerspiegel im Blut. Das veranlasst die insulinbildenden Zellen in der Bauchspeicheldrüse, Insulin ins Blut auszuschütten. Insulin bindet an die Insulinrezeptoren in verschiedenen Körperzellen und veranlasst diese, Zucker aus dem Blut aufzunehmen. Ist weniger Zucker im Blut, wird auch weniger Insulin ausgeschüttet.

Die Veränderung beim Typ I-Diabetes

Die Ursache des Typ I-Diabetes ist ein Insulinmangel durch Zerstörung der insulinbildenden Zellen in der Bauchspeicheldrüse, wahrscheinlich durch eine Autoimmunerkrankung. Gelegentlich sind auch Virusinfekte die Ursache. Eine Rolle spielt die genetische Veranlagung. Der Beginn liegt meist im Jugendalter.

Der Insulinmangel führt zur Hyperglykämie (Erhöhung des Zuckerspiegels im Blut), da der Zucker nicht mehr ausreichend aus dem Blut aufgenommen wird. Diese Hyperglykämie macht die unten beschriebenen Schäden.

Die Veränderung beim Typ II-Diabetes

Die Ursache des Typ II-Diabetes ist eine Unempfindlichkeit der Insulinrezeptoren (= Insulinresistenz) durch einen Defekt und/oder eine gestörte Insulinausschüttung aus der Bauchspeicheldrüse. Auch hier spielt die genetische Veranlagung eine Rolle.

Die folgende Erläuterung dazu ist so kompliziert wie die Natur selbst. Wem das zu kompliziert ist, der kann gleich zum nächsten Abschnitt springen.

Die Insulinresistenz führt dazu, dass das Insulin nicht die volle Wirkung auf die Zellen entfalten kann. Deshalb wird zu wenig Zucker aus dem Blut in die Zellen aufgenommen, obwohl genug Insulin vorhanden ist. Der erhöhte Zuckerspiegel führt dazu, dass mehr Insulin ins Blut abgegeben wird, um den Zuckerspiegel doch noch zu senken. Dies führt letztlich zur Hyperglykämie (Erhöhung des Zuckerspiegels im Blut) bei gleichzeitiger Hyperinsulinämie (Erhöhung des Insulinspiegels im Blut).

Es gibt verschiedene Manifestationsfaktoren des Diabetes mellitus Typ II. Diese sind nicht die Ursache, aber der Auslöser dieser Erkrankung, z. B. Übergewicht, Schwangerschaft, Lebererkrankungen, Vermehrung bestimmter Hormone.

Am Beispiel des Übergewichts soll hier der Circulus vitiosus („Teufelskreis“) dargestellt werden, der den Diabetes immer schlimmer macht:

Fett- und kalorienreiche Überernährung führt ebenfalls zur verstärkten Ausschüttung von Insulin, zur Erhöhung des Insulinspiegels im Blut.
Es ist ein völlig normaler Vorgang im Körper, dass bei einer dauerhaften Erhöhung eines Hormons die zugehörigen Hormonrezeptoren reduziert werden. Somit kommt es hier zu einer Verminderung der Insulinrezeptoren, die zudem ja auch noch gestört sind. In der Folge muss die Insulinproduktion noch weiter gesteigert werden, um noch ausreichende Wirkung zu erzielen und den Blutzucker zu reduzieren. Dadurch, dass der Insulinspiegel steigt, werden die Rezeptoren noch weiter reduziert, der Insulinspiegel muss noch weiter gesteigert werden usw. Irgendwann ist die Produktionskapazität der insulinbildenden Zellen erschöpft, der Diabetes ist manifest.

Andere Diabetes-Typen

Ein Diabetes kann auch eine Folgeerkrankung bei anderen Grundkrankheiten sein, z. B. Bauchspeicheldrüsen-, Hormonstörungen oder auch die Einnahme bestimmter Medikamente.

Symptome

  • Im Anfangsstadium Heißhunger, Schwitzen
  • Vieltrinken, Vermehrung der Harnmenge
  • Gewichtsabnahme (Typ I), Übergewicht (Typ II)
  • Leistungsminderung, Kopfschmerzen, Schwindel
  • Abwehrschwäche, Haut-, Harnwegsinfektionen
  • Juckreiz
  • Potenzstörungen, Ausbleiben der Regelblutung
  • Mikroangiopathie (Verschluss kleinster Arterien), diese ist verantwortlich für die meisten schweren Folgeerkrankungen

Folgen des schlecht behandelten Diabetes

  • Frühe Arteriosklerose (Arterien„verkalkung“) mit der Gefahr von z. B. Herzinfarkt oder Schlaganfall
  • Fettleber
  • Nephropathie (Erkrankung der Niere) mit der Gefahr der Funktionseinschränkung der Niere (Niereninsuffizienz). Diese kann zur Notwendigkeit der dauerhaften Dialyse führen.
  • Retinopathie (Erkrankung der Netzhaut), diese führt zur Sehverschlechterung/Erblindung
  • Polyneuropathie (Erkrankung der Nerven). Dadurch Schmerz- und Ausfallerscheinungen besonders an den Füßen bis hin zu Nekrosen (Absterben von Gewebe oder ganzen Organen) mit 30% erhöhtem Amputationsrisiko. Bewegungsstörungen des Magen-Darm-Traktes und der Blase.
  • Koma durch starke Erhöhung oder Erniedrigung des Zuckerspiegels im Blut

Therapie

Für alle Typen ist wichtig:

  • Körperliche Aktivität, Patientenschulung, sehr enge Blutzucker-Überwachung (s.u.)
  • Ernährungsberatung (s.u.)
  • Therapie der Folgeerkrankungen

Typ I-Diabetes

  • Insulin wird unter die Haut gespritzt, dabei wird meist ein lang wirksames Insulin morgens (und evtl. abends) gespritzt, sowie ein kurz wirksames Insulin vor dem Essen. Dessen Menge bestimmt sich an der beabsichtigten Nahrungsmenge.
  • Inzwischen gibt es erste Insulinpumpen, die selbständig den Blutzuckerspiegel messen und die richtige Menge Insulin ans Blut abgeben.
  • Die Zukunft sind Transplantation der Bauchspeicheldrüse, bisher noch ohne Erfolg.

Typ II-Diabetes

  • Tabletten, die die Insulinfreisetzung aus der Bauchspeicheldrüse erhöhen oder die Insulinwirkung steigern. Bei schwereren Fällen Insulin wie bei Typ I.
  • Das Wichtigste ist die Gewichtsreduktion. Nur diese wirkt direkt am Auslöser (s.o.). Durch die Reduktion der Ernährung sinkt der Insulinspiegel, dadurch erhöht sich die Zahl der Rezeptoren. Wird das konsequent durchgehalten, sind oft keine Medikamente mehr nötig (oder zumindest weniger).

Ernährungsberatung

Die herkömmliche Diabetesdiät ist überholt, das Zählen von Broteinheiten gibt es nur bei Typ I.

Der Diabetiker muss Zuckerspitzen vermeiden, ein Verbot von Zucker gibt es aber nicht. So sind in der Ernährung nicht nur Kohlenhydrate, sondern vor allem Fette das Problem (wegen der Überernährung mit Übergewicht). Somit sind Diabetikerkuchen u. ä. Unsinn, da nur Zucker ausgetauscht ist, das Fett aber unverändert ist. Fett ist eben nicht nur in Fleisch, sondern besonders auch in Süßigkeiten, Kuchen…

So ist die Empfehlung heute: Kohlenhydratreich (aber wenig einfache, „schnelle“ Zucker!), fettarm (aber mehr ungesättigte Fettsäuren), vollwertig, ballaststoffreich.

Das bedeutet: Vollkornprodukte, wenig Fleisch, Wurst, Ei, Butter oder Margarine besser ersetzen, viel Gemüse und Obst. Süßigkeiten selten, Kuchen gelegentlich.

Diabetiker sollen essen wie wir alle essen sollten – wir alle sollten essen, als wären wir Diabetiker.

Aber auch das gilt: Wer immer gesund lebt, kann sich gelegentliche Eskapaden erlauben.

Diese allgemeinen Empfehlungen müssen auf den einzelnen Diabetiker abgestimmt werden, so dass jeder Diabetiker ausführliche Ernährungsberatung erhalten soll.

Wahlspruch: Verminderung der Lebensqualität jetzt etwas, sonst später stark (durch die Folgeerkrankungen).

Prognose des Diabetikers

Ist ein Diabetes nicht ausreichend oder unbehandelt bedeutet das eine Verkürzung der Lebenserwartung um 25-50% mit frühzeitig allen oben beschriebenen Folgeerkrankungen.

Das gilt auch im Alter! Somit gibt es den Begriff „bisschen“ Altersdiabetes nicht.

Alle Schäden an Nerven, Nieren, Augen entstehen durch die chronische Hyperglykämie (Erhöhung des Zuckerspiegels im Blut), sind somit durch eine gute Therapie vermeidbar!

Bei guter Behandlung haben Diabetiker aber normale Lebenserwartung. Das zeigt, wie entscheidend die frühzeitige und gute Behandlung ist.

Bis zu 80% der Diabetiker sind allerdings falsch eingestellt, weil eine vernünftige Blutzucker-Einstellung nicht ernst genug genommen wird.

Enge Zucker-Überwachung

Wir haben aus der ungünstigen Prognose der schlechten Zucker-Einstellung die Konsequenzen gezogen und feste Kontrollen für alle Diabetiker vorgesehen. Unser Ziel ist dabei die beste Einstellung zur Vermeidung von Spätschäden:

Monatlich bis Vierteljährlich:
Blutzucker-Test, Blutdruck, Gewicht, Urin-Test, Patientenbuch-Kontrolle.

Vierteljährlich:
Zusätzlich EKG, Blutentnahme, Inspektion der Beine, Tasten der Fußpulse.

Jährlich:
Zusätzlich Ganzkörper-, neurologische Untersuchung, Überweisung zum Augenarzt.

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