Ein Zeichen unserer Freiheit ist, dass sich jeder eine Ernährung ausdenken kann und uns erzählen darf, wie sinnvoll diese sei. Zu so einer Ernährung gehört die Steinzeitdiät, mit der man angeblich das Auftreten der Zivilisationskrankheiten verhindern kann und damit letztlich das Leben verlängert.

Zwar gab es keine einheitliche Ernährung der Steinzeitmenschen, aber die Vorstellung ist, dass sie überwiegend vegetarisch aus Samen, Wurzeln, Blättern, Moosen, Früchten, Pilzen, Vogeleiern und kleinen Tieren bestand. Es könnten auch Insekten, Larven, sowie Würmer gewesen sein. Inwieweit Wildtiere durch Jagd dazukamen, ist noch umstritten.

Erst vor ca. 12.000 Jahren kam Ackerbau und später Viehhaltung dazu. Argumentiert wird nun, der Mensch sei über Jahrtausende auf Steinzeiternährung programmiert gewesen und hätte gar nicht die Zeit gehabt, dass sich seine Gene an eine andere Ernährung gewöhnen. Und darum würden die Menschen heute früh an Zivilisationskrankheiten sterben.

Dagegen spricht einiges:

  • Die durchschnittliche Lebenserwartung betrug damals 35 Jahre. Mangel an Nahrung, hygienische Verhältnisse und gehäuft vorkommende Infektionskrankheiten bedingten eine von vorneherein geringe Lebenserwartung.
  • Die wissenschaftlich vorherrschende Meinung sieht den Menschen weder als reinen Pflanzen-, noch als reinen Fleischfresser, sondern als Allesfresser (Omnivor). Hierzu passt die Ausstattung seines Gebisses mit Schneidezähnen und den noch angedeutet als Reißzähnen erkennbaren Eckzähnen. Die kräftigen Backenzähne ermöglichen auch das Zerkleinern gröberer pflanzlicher Nahrung, wie Samen und Nüsse. Die Enzymausstattung der Verdauungssäfte im Magen-Darm-Trakt ist in der Lage, sowohl Nahrung pflanzlichen wie auch tierischen Ursprungs aufzuschließen. Die pflanzlichen und tierischen Speisereste im gefüllten Magen und Darmtrakt von Ötzi bestätigten es: Der Mensch war schon damals Omnivor.
  • Die Zunahme der Lebenserwartung in den letzten hundert Jahren wird vor allem durch die in beliebiger Menge vorhandenen Nahrungsmittel gesehen, die eine optimale Versorgung mit Energie und essentiellen Nährstoffen gewährleisten.
  • Entgegen den Behauptungen hat sich der Mensch in den letzten 10000 Jahren sehr wohl genetisch verändert, z. B. derart, dass Erwachsene nun auch Lactose verdauen können. Es gibt also keinen Grund, auf Milchprodukte zu verzichten.

Quelle: Rabast U: Gesundheit, langes Leben und Ernährung, Umschau Buchverlag 2010, ISBN-10: 393000724X, ISBN-13: 9783930007240

Bisher keine Bewertungen